Dienstag, März 20, 2007

#8 - Lebenszeichen

Liebe Bloggerfreunde, ich habe eine Durststrecke überwunden. Hatten Sie das auch schon einmal, einfach keine Lust mehr am eigenen Job? Das ist... aber ich erzähle lieber alles schön der Reihe nach.

Schon kurz nach Semesterbeginn hatte ich den Eindruck bekommen, dass viele der Studenten sich nicht mit grosser Begeisterung bei diesem "English Semester" commiten würden. Ich habe aber schon lange damit angefangen, über solche Dinge hinwegzugesehen, denn es scheint heutzutage normal zu sein, dass die Studenten, trotz gratis studieren und qualitativ hochstehendem Unterricht, super Zukunftschancen etc etc zu Beginn einfach alles - ich hoffe, Sie verzeihen mir den Ausdruck - Scheisse finden.

Es kam dann aber viel schlimmer als sonst. Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass sich ein Widerstand von intern regen würde. Und von Woche zu Woche wurde ich mir immer sicherer: meine Kollegen fallen mir in den Rücken! Mit äusserst subtilen Bemerkungen taten sie ihrem Unmut jeweils dann kund, wenn auch einige Studenten anwesend waren, sodass ich sie nicht unvorzüglich darauf ansprechen könnte. Und habe ich das dann im Nachhinein versucht, ist man mir ausgewichen, musste gleich los oder hat einfach entschuldigend gegrinst. Ja what the fuck soll das denn?

Bei den Projektpräsentationen gipfelte das darin, dass mir meine Mitstreiter während dem ich dabei war, die einzelnen Teams zu demontieren, ins Wort fielen, die Teams in Schutz nahmen und sogar jeweils vor den Studenten eine Diskussion über verschiedene Aspekte des Bewertungssystems anregten! Ja wo sind wir denn hier verdammt?

Ich kam mir eine Zeit lang so vor, als würde ich den Hut extra tief ins Gesicht zu ziehen und den Mantel extra hoch zuknöpfen, wenn ich vom Parkplatz ins Gebäude gegangen bin, ja, geschlichen bin! Und als während einem der Assessments dieser
Scheiss Beamer
nicht richtig ging und ich Daten an die Wandtafel kribseln musste, bin ich wirklich fast ausgerastet.

Wenigstens habe ich einen dieser Nichtsnutze rausekeln können. Nicht dass mir das Spass machen würde, aber Gerechtigkeit muss sein, und wo wir ja unter uns sind hier: eine gewisse Genugtuung habe ich schon verspürt dabei. Wenigstens EINER an diesem Institut, das bestimmt zehn provisorische Stundenpläne an die Studenten verschicken muss, bis einer wirklich passt, wenigstens einer hat Balls!

Montag, Dezember 04, 2006

#7 - Sektionschef im Zivilschutz

Wie ich Sektionschef wurde ist eigentlich schnell erzählt und im Nachhinein einfach bloss logisch. Für alle, die mich kennen, war der schnelle Aufstieg im Zivilschutz keine grosse Überraschung. Die Zutaten sind einfach: Ich habe Organisationstalent, und ich habe Wertvorstellungen. Wobei ich hier einschieben möchte, dass ich früher jeweils erzählt habe, ich hätte Organisationstalent und würde mein Vaterland lieben, aber den einen war das zu patriotisch, und die anderen haben gefragt, warum ich dann bloss im Zivilschutz sei und den Militärdienst verweigert hätte. Ich habe ihn erstens nicht verweigert, und zweitens halte ich ein positives Verhältnis zu staatlichen Institutionen keineswegs als übermässig patriotisch. Keineswegs, meine Damen und Herren. Womit das eingeschoben wäre. Auf jeden Fall hat alles schon bei meinem ersten richtigen Einsatz begonnen. Es ist ja nicht so wie viele Leute denken, dass im Zivilschutz nur gesoffen werden würde, nein. Dazu ist die Verwantwortung manchmal einfach zu gross.
Da war jener Sturm, der nach diesem deutschen Fussballer benannt wurde, und nach dem Sturm lag einiges an Resourcen auf der Strasse rum. Ich sage es immer, die Resourcen liegen auf der Strasse, man braucht sich bloss zu bücken! Unsere Einsatztruppe, ein bunt zusammengewürfelter, disziplinloser Haufen, hatte die Aufgabe, einen Strassenabschnitt nahe der Gemeindegrenze zu räumen. Da lag einiges an Kleinkram rum, aber auch ein paar richtige Brocken.
Nicht dass ich etwas gearbeitet hätte, mit meinem Rücken... Aber ich habe das Zepter an mich gerissen, mit strenger Mine allen gesagt, was sie zu tun haben und an die Arbeit geschickt. Ja, im Militär hätt ichs weit bringen können...
Beim Debriefing habe ich dann zwei Gaschos mitgebracht, und die Mannen haben sich gefreut. Für einen Moment an hatten wir vergessen, dass wir nur Zivilschützer waren, die einen Strassenabschnitt freigeräumt hatten. Wir waren einfach frei und genossen den Moment. Arbeit ist toll, wenn man das Resultat vor sich sieht. Es bestärkt einen darin, etwas geleistet zu haben, ja, sie befreit mich richtiggehend. Und zwei Wochen später kam die Anfrage, ob ich bereit wäre, die Sektion zu leiten. Weil ich nicht der Typ bin, der sich vor Verantwortung drückt, habe ich selbstverständlich zugesagt. Nun bin ich der einzige Mensch an meinem Institut, der nicht nur ein Mobiltelefon, sondern auch noch einen old school Pager in der Tasche hat!

Donnerstag, November 02, 2006

#6 - Webcorp in English

Natürlich habe ich auch in Webcorp, welche ja selbstverständlicherweise mehrsprachig bedienbar ist, die Sprache auf Englisch umgestellt. Auch hier glänzt die Projektverwaltungs-Software durch die Einfachheit: Ein Klick auf die entsprechende Landesflagge... und dann das:



Das darf doch nicht wahr sein! Ein Fehler in dieser Software! Hoffentlich nimmt keiner (und keine, haha) der Studenten diese Englisch-Sache derart ernst, dass er sogar seine Webcorp-Oberfläche auf Englisch umschaltet... Mit fliegenden Fingern auf meiner Subnotebook-Tastatur mit exzellent-natürlichem Anschlag für Vielschreiber formuliere ich einen frustrierten Support-Request auf der Webcorp-Entwicklungsseite. Die Problembeschreibung halte ich gewohnt sachlich, und doch lasse ich durchblicken, dass es hier auch um meine persönliche Ehre geht, wenn eine Sache, die ich derart vehement vertrete, eine solche Unzuverlässigkeit an den Tag legt.

Nach dem Abschicken des Textes erscheint folgende Meldung im Browser:
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Supportanfrage #: 000007
Wir danken Ihnen für ihre Support-Anfrage und werden uns des Problems sobald als möglich annehmen. Für Statusinformationen merken Sie sich bitte die obenstehende Ticket-Nummer.
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Ist das nicht ein Zeichen dafür, dass es sich hier um eine sehr stabile Software handelt? Nur sieben Suppportanfragen seit dem Start des automatischen Support-Ticketing-System? Einigermassen beruhigt setze ich bei mir die Sprache auf Deutsch zurück und rechne fest damit, dass in absehbarer Zeit ein Bugfix veröffentlich wird.

Dienstag, Oktober 31, 2006

#5 - Debriefing

"Nimmst du noch einen Kaffee, Schatz?" hat sie mich gefragt, und genau dann ist es mir eingefallen: Das Debriefing von Projekt 2. Es gab gar kein Debriefing vom Projekt 2! Das wichtigste überhaupt am ganzen letzten Semesterprojekt wurde nicht durchgeführt! Und schuld daran bin ich. Es ging einfach unter, es war zu hektisch zum Schluss, es war... nein. Ich darf keine Ausreden suchen. Ich habe das Debriefing vergessen, und dazu muss ich stehen. "Nimmst du noch einen Kaffee, Schatz?" Mich murmelnd entschuldigend stürme ich aus dem Zimmer. Es ist noch Zeit, vorzubereiten.

Gerade heute. Sprache umstellen auf Englisch, zwei Englischlehrer und zwei dieser Softwareheinis im Raum. Vieleicht noch ein Keynote-Speaker von... oh Gott! Endlich auf der Autobahn rufe ich dort an. Ob das Meeting verschoben werden könne, jaja, Schulleiter auch nicht da, zudem Probleme wegen dem neuen Stundenplan (das tönt immer gut). Er willigt ein, und so komme ich zumindest halb beruhigt am Institut an. Ich bleibe im Auto sitzen und starte mein Dell-Vehikel. Zwar habe ich Probleme, auf der zierlichen Tastatur mit meinen klobigen Fingern immer das richtige zu treffen, aber diese Subnotebooks sehen eben schon toll aus.

Ich öffne die Rangliste des letztjährigens Jubiläumtreffens meines Schiessvereins und kopiere die gesamte Resultattafel in ein neues Sheet. Anonymisiert sozusagen, Ha! Einigermassen willkürlich färbe ich einzelne Zellen mit rot, grün und gelb ein. Hier mal eine Zeile ganz rot, da mal nur spärlich. Bestens. Bestens für das Debriefing des letzten Projekts. Ich bin zwar sicher, dass dies kein Mensch in diesem Raum interessiert, aber das muss einfach sein.

Nach kurzem Nachkämmen auf der Dozententoilette tauche ich 5 Minuten zu früh im Unterrichtsraum auf. Nur nichts anmerken lassen denke ich, und grinse süffisant. Hallo? Hat der Typ da in der zweiten Reihe unser System nicht begriffen? Was bildet sich der Typ ein, das letzte Projekt nicht zu bestehen und trotzden hier aufzutauchen? Die Jugend von heute wird immer dreister. Bevor ich eine Bemerkung machen kann, merke ich, dass es an der Zeit zu sein scheint, und dass alle mich anstarren. Na gut, denke ich. Nehmt, Geier!

Ich schliesse meine Subnotebook am Beamer an und räuspere mich. Kündige an, dass noch kurz ein Debriefung zu machen sei, und zwar in Deutsch, und es gehe nicht lange, aber es sei wichtig. Zeige das Excel-Sheet auf 65% Grösse. Sogar in der ersten Reihe sieht kein Mensch was, bestens. Rote, grüne und gelbe Flecken, weisse Stellen. Und was dann passiert, bin ich mir zwar gewohnt, aber es erstaunt mich doch immer wieder. Aus meinem Mund kommen Wörter, welche zu einigermassen korrekt geformten Sätzen zusammengesetzt werden. Ich kann mich aber meist nur an die Wörter erinnern. Etwa so:

"Guten Morgen .......... Debriefing ....... ........ Projekt 2.. ....... Drop out-Rate von 4.7% ...... Engagement ..... Commitment ................ Einhovenformel greift. ............. .......... ............. Ausreisser, die das System ausnützen. .......... ........... FAILED to PASSED. Die Gausskurve, welche über die Noten geleget wurde, bewirkt ............. WebCorp ............ Streuung ist riesig. Lessons learned: zeigen Sie früh einen funktionstüchtigen Prototypen ........... .......... .... in der Gebrauchssituation einsetzen .......... .............. die Sicht des Users, Chef .......... ............. Helft mir, Studenten, mit der Bologna-Reform ist nichts mehr gesetzt hier! .............. ..................... ............ .............. ........... .............. Normalabweichung..... . Rote Farbe........ grün ......... gelb .......... weiss. Wie gesagt, Normalabweichung von 213% und ...... .......... Analyse der Selbstkompetenz .............. ........... ...... Kontakt suchen. Ich bin sehr zufrieden mit .......... ............ ............. aber es gab auch ...... ...... suboptimal. ......... zufrieden ......... ......... sehr zufrieden. Freue mich ........ ......Corp Web..... . ........... und begrüssen zu dürfen.

Wenn Sie konkrete Fragen zu ihren Noten haben, behalten Sie diese doch bitte einfach für sich. Somit möchte ich nun das Projekt 2 als beendet erklären, and now, if it's okay, I would like to switch to English. As you alrady read in one of the emails I sent last week, we're pretending to be an English speaking company!"

Mittwoch, Oktober 25, 2006

#4 - Feriencorrection

Sie werden es nicht glauben: ich habe während den Ferien einen eminent wichtigen Sieg errungen. Während ihr - pardon - faulen Säcke an den Stränden herumgelegen und später von Sangria, Caipirina und Tequila (in dieser Reihenfolge) derart sturzbetrunken lokale Discoschönheiten auf Mallorca angebaggert habt, habe ich gearbeitet. Mein jahrelanges Flehen wurde erhört: Der Projektunterricht findet ab sofort in englischer Sprache statt!
Damit ich meine Leser nachfolgend nicht overfordere, lasse ich zwischen den Zeilen neben meinen üblichen Anglizismen auch einige Translations einfliessen. Die Language of the industry, also die Big Companies, hat es jetzt finally made. Ich managte to fully convince the Schulleitung of the need to fill this Gap. Alles clear?

Ich habe in den Ferien angefangen, zu diesem Zweck mein Englisch wieder aufzufrischen. Ich habe bestimmt die Hälfte der DVDs in meinem Besitz mit englischer Tonspur angeschaut. Allerdings, um den Anfang nicht zu schwierig zu gestalten, mit deutschen Untertiteln. Sonst hat sich nicht viel getan. Prüfungen zu korrigieren ist einfach nicht mein Ding. Jakob hatte kurz vor den Ferien zudem vorgeschlagen, dass jeder Dozent eine andere Aufgabe der Modulschlussprüfung korrigieren soll, als diejenige, die er selbst gestellt hat. Da die anderen beiden begeistert zugestimmt hatten, konnte ich nicht einfach nein sagen. Und welche Aufgabe hab ich erwischt? Die Visualisierungsaufgabe.

Die Lösungen bestehen zum grössten Teil aus einer Art Organigramm, also beschriftete Kästchen, welche mit Pfeilen imiteinander in Verbindung gebracht wurden. Zum Teil durchgezogen, zum Teil gestrichelt. Vergleiche zwischen zwei Diagrammen. Verbale Verschnitte von Leuten, welche erst gerade der Halbwüchsigkeit entsprungen sind. Jakob nannte es UML. Das sind die Augenblicke, welche mich ankotzen! Auf jeden Fall bin ich noch nicht ganz fertig mit korrigieren. Den andern habe ich gesagt, ich sei krank. Mit ein Grund, warum ich nicht in Mallorca war, keinen Sangria, keine Caipirinas und Tequilas getrunken habe und auch nicht getanzt habe. Sogar in den Ü50-Discos wäre was los da.

Der Kick-off für das nächste Projekt wurde also auch verschoben. Um eine Woche. Ich habe meine Frau schon vorgewarnt, das gäbe ein langes Wochenende für mich. Aber das ist sie sich ja gewohnt.

Sonntag, Oktober 08, 2006

#3 - Mittag

Ein Mittagessen ist ein Projekt, eindeutig. Viele Leute verstehen das nicht: Klarer Anfangszeitpunkt, eindeutiges Ende, festgelegtes Budget. Traktandenliste: Vorspeise (optional), Haupstspeise, Dessert (wieder optional). Begleitender Task: Getränk. Und ein Weizen ist genau das, was ich nach diesem Gespräch mit dem Schulleiter brauche. Meine Ansichten über Projektunterricht seien zu revolutionär (da hat er vieleicht nicht unrecht, ich bin meiner Zeit halt einfach ein wenig voraus). Er könne mir dieses Budget nicht gewähren und auch die verlangte Arbeitsstundenanzahl von 180 Stunden pro Student und Semster sei ausserhalb des möglichen Bereichs. Das wird sich bei der GV zeigen.

Das Fleisch schmeckt... naja, es pökelet, wie ich sage. Nicht nur, dass die Hauptspeise 3.8 Minuten hinter der Planung liegt, nein, es machen sich Qualitätsprobleme bei der Produktion bemerkbar. Die Serviertochter wird sich damit abfinden müssen, dass das Budget heute nicht überzogen werden kann. Aber ein hübsches Ding, diese Blonde. Schlank. Viel Holz vor der Hütte. Ich kann nur sagen, gute Sozialkompetenz die Kleine. An dieser Technikerschule wird einem ja schlecht von den vielen Typen.

Endlich habe ich mir eines dieser Gadgets gezogen, Sony Ericsson P910. Mit 256 MB Memory Stick, darauf hat fast ein Viertel meiner Word-Dokumente Platz! Als ich die Serviertochter mit der Rechnung aus dem Augenwinkel kommen sehe, ziehe ich das Teil schnell aus der Tasche und beginne, mit dem Miniaturstift darauf rumzutippen. "Das macht 18 Franken 20, der Herr...". Ich schaue von meinem Display auf und versuche, einen kurzen Moment lang irritiert auszusehen, lächle dann und sage: "Herr Lenz, Projektkoordinator ETH an der University of Applied Sciences in North Western of Switzerland!". Die Serviertochter grinst und meint: "Das macht 18 Franken 20, Herr Lenz". Vielleicht wird das ja mal was, denke ich, wedle lässig mit dem Zwänzgernötli und raune ihr zu, dass es so stimme. Ich glaube, sie ist dabei leicht errötet, aber vieleicht habe ich mir das eben auch nur eingebildet. Ich stehe auf und gehe.

Freitag, September 22, 2006

#2 - Jakob

Jakob ist ein friedlicher Mensch. Er glaubt an das Gute im Menschen, was für einen Dozenten unglaublich schwierig ist, das können Sie mir glauben. Jakob arbeitet unerschütterlich weiter. Technisch ist er mir meilenweit voraus, da mache ich mir nichts vor. Aber ich bin der Meinung, es fehlt im dieser kleine Tick, um es wirklich zu etwas zu bringen. Ich weiss nicht, was es ist, aber ich würde ihn nicht alleine zu einem Kunden ins Feld schicken. Betrachten wir es als Abzug bei der Sozialkompetenz.

"Hallo Jakob, guten Morgen!". Er hat Kaffee mitgebracht und strahlt mit der Sonne, welche wir auf der Südseite erahnen, um die Wette. Jakob's Kaffee nennt ers manchmal. Der ist immer so aufgestellt! "Also Jakob, heute Nachmittag haben wir ja..." - er unterbricht jedoch: "Moment, ich zeichne das kurz auf. Hier haben wir einen Nachmittag:". Flink hat er einen unkarierten Block aus seiner Ledertasche gezogen und mit Tusche zwei zusammenhängende, füllige Kreise gemalt. Die eine Hälfte hat er mit A beschriftet, die andere mit B. (er grinst fröhlich zwischen den Zähnen hindurch).

"Gut Jakob, nun haben wir ja heute zwei Dozenten, dich und mich, und.." - wortlos zeichnet er in beide der Kreise je einen kleinen Kreis in die Mitte. Nippel. Nackte Brüste. Verdammt. "..und fünf Gruppen fürs Zwischenreview, Jakob. Die müssen wir aufteilen". Jakob zeichnet fünf Punkte ins Bild. Die Muttermale entschärfen die Situation nicht. "Wir teilen das am besten so auf, dass wir die Gruppen nehmen, bei denen wir nicht Coaches sind, oder was meinst du?" Er ist einverstanden und macht symmatrische, leicht abgerundete Verbindungslinien zwischen den Nippeln und den Muttermalen. Perfekt dem Körper nachempfunden. Einen Moment lang überlege ich mir, ob es angebracht sei, zu fragen, ob er auch Bodypainting mache, aber dann lass ichs doch sein. Berufs- und Privatleben sollte man strikte trennen.

Weil das Zwischenreview den ganzen Nachmittag brauchen wird, ist die Planung für heute somit abgeschlossen. Es ist erst 08:10 AM. Ich versuche Jakob in ein Gespräch über die Nachhaltigkeit von Selbstevaluationsbögen zu verwickeln, aber er schnaubt nur leicht verächtlich, grinst dann wieder und meint: "Ach weisst du, das hat mir noch nie so viel bedeutet. Ich denke, du machst das schon richtig, und die Studenten sicher auch. Aber mich kann man nicht mehr ändern". Bestimmt hat er Recht. Er ist einer der wenigen Menschen, die mich in Frage stellen dürfen. Bloss nicht in der Öffentlichkeit. Aber das versteht sich ja von selbst.

08:15 AM und Jakob will schon wieder losziehen. Dabei hatte ich doch zwei Stunden Planung geplant! Aber Jakob ist nicht zu halten, wenn er ein Problem wittert, und so lasse ich ihn ziehen. Seufzend starte ich Webcorp. Irgendwo in diesem Controlling-Modul steckt doch der Punkt Arbeitsplanung! Nach dem ersten scrollen habe ich die Zeile gefunden. Ich setze den Cursor rein, damit ich nach dem herausfinden der richtigen Spalte einfach wieder zurück finde. Blick auf die Uhr: 25 Minuten bloss. Ich multpliziere mit vier und trage abgerundete 1.5 Stunden ein. Effizient, angesichts der zwei geplanten Stunden. Ich muss mit gutem Beispiel vorangehen, schliesslich stimmt meine Planung.

Es ist Zeit, den Teams die Review-Termine im Webcorp einzutragen. Die haben jetzt zwar Unterricht, aber vielleicht schaut ja einer über den Mittag ins Webcorp? Ich starte ein Tool, welches mir Jakob geschrieben hat. Es heisst "Shepherd Letter Generator". Eine geniale Sache! Auf einer einfache Maske gebe ich zu verstehen, dass ich fünf verschiedene Termine bei zwei Dozenten auf fünf Gruppen verteilen möchte. Ich gebe jeweils Zeit, Dauer und Ort an. Dann gibt es ein Feld MSG LENGTH, die Voreinstellung ist "1200". Weil heute Montag ist, erhöhe ich auf "1500". Die Auswahlbox MOOD setze ich auf "annoyed", erfahrungsgemäss gibt das die besten Resultate. Fünf Sekunden nach meinem Klick auf GENERATE erscheint ein neues Fenster mit dem generierten Hirtenbrief. Die EDV erleichtert einem schon so einiges. Ich selektiere alles, Rechtsklick, "Kopieren", Webcorp öffnen, Newsmeldung anlegen, Rechtsklick, "Einfügen". Ein Affe könnte das! Ich setze als Titel "Zwischenstand trotz mangelhaftem Controlling" und speichere - natürlich mit der versenden-an-alle-Option - ab. Ein gutes Gefühl. Ich bin der Webcorp-Contributor mit den meisten Newsbeiträgen!

Aber dieser Schulleitertermin vermiest mir meine verlängerte Kaffepause. Schliesslich kann ich schlecht eine Stunde in die Cafeteria sitzen und danach mit Chef über meinen Budgetvorschlag diskutieren. Ich bin verdammt zum ausharren. Was muss ich nicht alles aushalten in meiner Position... Bald ist es Zeit.