Sonntag, September 10, 2006

Prolog

Projektkoordinator an einer Hochschule zu sein ist kein Zuckerschlecken, das kann ich Ihnen versichern. Sie benötigen ein starkes Selbstbewusstsein und nicht zuletzt einen Riecher für die guten Projekte. Und den habe ich, glauben Sie mir. Da gäbe es viele Firmen, die gerne ein Projekt von unseren teilweise sehr talentierten Studenten abwickeln liessen. Nicht für gutes Geld, sondern frei Haus. Wenn Sie mal einen Software-Entwickler für mehrere Stunden bezahlt haben, dann wissen Sie, wovon ich rede. Falls nicht, nehmen Sie einfach zur Kenntnis, dass es sich um richtige Beträge handelt. Um Beträge. Wenn man einmal weiss, wie der Hase läuft... ich habe in meiner ehemaligen Firma schon mal eigenhändig eine Offerte für eine Bürosoftware auf 40% des ursprünglichen Pauschalbetrags gedrückt. Auch das muss man können als projekterfahrener Mensch.

Seit meiner Zeit in Holland weiss ich, wovon ich spreche, wenn es um Projektmanagement geht. Im speziellen als Unterrichtsfach an Hochschulen. Die immense Wichtigkeit desselben wird hierzulande stark unterschätzt. Während in Holland - genauer gesagt in Nijemegen, der ältesten Universitätsstadt der Niederlande - das Gelingen des Studiums zu beinahe 50% vom Projektmanagements-Unterricht abhängt, hat diese Disziplin in der Schweiz eine nach Mathematik, Softwareentwicklung und - ich muss es leider sagen - auch nach den Kontextfächern Englisch und Deutsch eine eher untergeordnete Rolle. Es ist meine Aufgabe dieses Makel zu beseitigen.

Nervös drücke ich F5. Es erscheinen neue Betreffzeilen wie: Enlarge your P3n1s, Tools to satisfy your girlfriend, NEED BANK ACCOUNT IN SWITZERLAND. Wenn die wüssten. Genervt drücke ich Del. Ein Student hat mir diesen Trick mal gezeigt, als ich meine Maus zuhause vergessen hatte. Derselbe Student, der mir angeboten hatte, einen Spamfilter auf meinem Laptop zu installieren. Aber das ist nichts für mich. Ich habe lieber die volle Kontrolle über meine E-Mails, wie könnte ich einem Spamfilter trauen. Del, Del, Del. So geht das.

Seit drei geschlagenen Stunden sitze ich nun schon in meinem Home Office. Es ist Samstag, aber ich habe mich daran gewöhnt, Samstags auch zu arbeiten. Es gibt Arbeit, die keinen Aufschub duldet.

"Schaatz, in fünf Minuten Essen fertig!" tönt es aus der Küche. Ich habe ihr schon oft gesagt, sie müsse das nicht unbedingt vorankündigen, seit wir Webcorp auch zuhause verwenden. Ich habe kein einziges Abendessen mehr verpasst seit diesem Tag. Die ganze Familienplanung wurde so einfach! Auch wenn die Akzeptanz seitens ihr und den Kindern Anfangs recht klein war - vermutlich wegen der für Nicht-Eingeweihte ziemlich komplizierten Art, Termine einzutragen - konnte das System sich bei uns "inhouse" durchsetzen. Projektkoordinator ist man entweder ganz oder gar nicht. Und in diesem Fall liegen die Vorteile einfach auf der Hand. Die Benutzerverwaltung lässt die Definition von Gruppen zu, welchen wiederum verschiedene Rechte zugeteilt werden können. Jedem seine Termine. Essen ist Public, meine Schultermine sind für Public jedoch nur beschränkt einsehbar. Die Kinder können ebenfalls private Termine z.B. für Hausaufgaben oder Dates einrichten - wobei ich in meiner Pflicht als Admin und Vater von Zeit zu Zeit trotzdem reinschaue, denn man weiss ja nie. Und da gibt es noch die Kategorie Love, welche für die Kinder gar gänzlich unsichtbar ist. Aber das ist im Moment so eine Sache, denn...

DING DONG!

Neuer Termin: Family: Candle-Light-Dinner
09.09.2006 - 09.09.2006 18:00 - 19:30 intern
Ort: Wohnzimmer, UG

Teilnehmer:
Plenum

Na wer sagts denn. Ich habe einen Höllenappetit.