Freitag, September 22, 2006

#2 - Jakob

Jakob ist ein friedlicher Mensch. Er glaubt an das Gute im Menschen, was für einen Dozenten unglaublich schwierig ist, das können Sie mir glauben. Jakob arbeitet unerschütterlich weiter. Technisch ist er mir meilenweit voraus, da mache ich mir nichts vor. Aber ich bin der Meinung, es fehlt im dieser kleine Tick, um es wirklich zu etwas zu bringen. Ich weiss nicht, was es ist, aber ich würde ihn nicht alleine zu einem Kunden ins Feld schicken. Betrachten wir es als Abzug bei der Sozialkompetenz.

"Hallo Jakob, guten Morgen!". Er hat Kaffee mitgebracht und strahlt mit der Sonne, welche wir auf der Südseite erahnen, um die Wette. Jakob's Kaffee nennt ers manchmal. Der ist immer so aufgestellt! "Also Jakob, heute Nachmittag haben wir ja..." - er unterbricht jedoch: "Moment, ich zeichne das kurz auf. Hier haben wir einen Nachmittag:". Flink hat er einen unkarierten Block aus seiner Ledertasche gezogen und mit Tusche zwei zusammenhängende, füllige Kreise gemalt. Die eine Hälfte hat er mit A beschriftet, die andere mit B. (er grinst fröhlich zwischen den Zähnen hindurch).

"Gut Jakob, nun haben wir ja heute zwei Dozenten, dich und mich, und.." - wortlos zeichnet er in beide der Kreise je einen kleinen Kreis in die Mitte. Nippel. Nackte Brüste. Verdammt. "..und fünf Gruppen fürs Zwischenreview, Jakob. Die müssen wir aufteilen". Jakob zeichnet fünf Punkte ins Bild. Die Muttermale entschärfen die Situation nicht. "Wir teilen das am besten so auf, dass wir die Gruppen nehmen, bei denen wir nicht Coaches sind, oder was meinst du?" Er ist einverstanden und macht symmatrische, leicht abgerundete Verbindungslinien zwischen den Nippeln und den Muttermalen. Perfekt dem Körper nachempfunden. Einen Moment lang überlege ich mir, ob es angebracht sei, zu fragen, ob er auch Bodypainting mache, aber dann lass ichs doch sein. Berufs- und Privatleben sollte man strikte trennen.

Weil das Zwischenreview den ganzen Nachmittag brauchen wird, ist die Planung für heute somit abgeschlossen. Es ist erst 08:10 AM. Ich versuche Jakob in ein Gespräch über die Nachhaltigkeit von Selbstevaluationsbögen zu verwickeln, aber er schnaubt nur leicht verächtlich, grinst dann wieder und meint: "Ach weisst du, das hat mir noch nie so viel bedeutet. Ich denke, du machst das schon richtig, und die Studenten sicher auch. Aber mich kann man nicht mehr ändern". Bestimmt hat er Recht. Er ist einer der wenigen Menschen, die mich in Frage stellen dürfen. Bloss nicht in der Öffentlichkeit. Aber das versteht sich ja von selbst.

08:15 AM und Jakob will schon wieder losziehen. Dabei hatte ich doch zwei Stunden Planung geplant! Aber Jakob ist nicht zu halten, wenn er ein Problem wittert, und so lasse ich ihn ziehen. Seufzend starte ich Webcorp. Irgendwo in diesem Controlling-Modul steckt doch der Punkt Arbeitsplanung! Nach dem ersten scrollen habe ich die Zeile gefunden. Ich setze den Cursor rein, damit ich nach dem herausfinden der richtigen Spalte einfach wieder zurück finde. Blick auf die Uhr: 25 Minuten bloss. Ich multpliziere mit vier und trage abgerundete 1.5 Stunden ein. Effizient, angesichts der zwei geplanten Stunden. Ich muss mit gutem Beispiel vorangehen, schliesslich stimmt meine Planung.

Es ist Zeit, den Teams die Review-Termine im Webcorp einzutragen. Die haben jetzt zwar Unterricht, aber vielleicht schaut ja einer über den Mittag ins Webcorp? Ich starte ein Tool, welches mir Jakob geschrieben hat. Es heisst "Shepherd Letter Generator". Eine geniale Sache! Auf einer einfache Maske gebe ich zu verstehen, dass ich fünf verschiedene Termine bei zwei Dozenten auf fünf Gruppen verteilen möchte. Ich gebe jeweils Zeit, Dauer und Ort an. Dann gibt es ein Feld MSG LENGTH, die Voreinstellung ist "1200". Weil heute Montag ist, erhöhe ich auf "1500". Die Auswahlbox MOOD setze ich auf "annoyed", erfahrungsgemäss gibt das die besten Resultate. Fünf Sekunden nach meinem Klick auf GENERATE erscheint ein neues Fenster mit dem generierten Hirtenbrief. Die EDV erleichtert einem schon so einiges. Ich selektiere alles, Rechtsklick, "Kopieren", Webcorp öffnen, Newsmeldung anlegen, Rechtsklick, "Einfügen". Ein Affe könnte das! Ich setze als Titel "Zwischenstand trotz mangelhaftem Controlling" und speichere - natürlich mit der versenden-an-alle-Option - ab. Ein gutes Gefühl. Ich bin der Webcorp-Contributor mit den meisten Newsbeiträgen!

Aber dieser Schulleitertermin vermiest mir meine verlängerte Kaffepause. Schliesslich kann ich schlecht eine Stunde in die Cafeteria sitzen und danach mit Chef über meinen Budgetvorschlag diskutieren. Ich bin verdammt zum ausharren. Was muss ich nicht alles aushalten in meiner Position... Bald ist es Zeit.

2 Comments:

At 4:24 PM, Anonymous Anonym said...

Der Mann heisst D., Jakob ist sein Nachname. Mit vollem Namen D. Jakob, nicht wahr? Gruess H.R.

(Kommentar geändert wegen Suchmaschinen. Vorname durch D. ersetzt)

 
At 4:39 PM, Blogger A. Friend said...

Der Mann heisst Jakob, weil seine Kollegen Michael, Reinhold und Lenz heissen. Thematisch gesehen eine zu gute Vorlage. Deshalb ist Jakob in diesen Geschichten eindeutig ein Vorname. Gruss A.

 

Kommentar veröffentlichen

<< Home